Hans von Koessler

* 1. Januar 1853 in Waldeck
+ 23. Mai 1926 in Ansbach

Hans von Koeßler

Hochschullehrer und Komponist

Hans Koessler wurde in eine Lehrerfamilie in Waldeck in der Oberpfalz geboren. 1871 wurde er Organist in Neumarkt in der Oberpfalz. Von 1874 bis 1877 studierte er an der Königlich bayerischen Musikschule in München Orgel bei Joseph Rheinberger und besuchte die Chorklasse von Franz Wüllner. Danach berief ihn Wüllner als Lehrer für Theorie und Chorgesang an das Dresdner Konservatorium und auch als Dirigent der Dresdner Liedertafel, mit der er einsame Erfolge feierte. 1881/82 war Koessler Kapellmeister am Kölner Stadttheater.

Berühmt wurde Koessler als Kompositionslehrer der gesamten ungarischen Komponistenelite des 20. Jahrhunderts, die er an der Königlichen Musikakademie Budapest unterrichtete. In seiner Zeit von insgesamt 31 Jahren als Kompositionslehrer in Budapest werden 48 Schüler namentlich aufgezählt. Neben Béla Bartók zählten u.a. Ernő (Ernst) Dohnányi, Imre (Emmerich) Kálmán, Zoltán Kodály, Ervin Lendvai, Léo Weiner, Albert Siklós, Árpád Szendy sowie die Operettenkomponisten Jenő Huszka und Viktor Jacobi zu seinen Schülern, sie alle erlangten internationales Ansehen.

International gewürdigt wurden und werden auch Koesslers eigene Kompositionen: die Oper „Der Münzenfranz“ und die „Sylvesterglocken“ (ein weltliches Requiem), sind neben den großen Psalmvertonungen und Liedsammlungen vielleicht seine populärsten Werke geblieben. Aufgrund seiner unsteten Lebensweise – er blieb unverheiratet – sind viele seiner Kompositionen verloren gegangen oder befinden sich möglicherweise noch in Privatbesitz.

Hans Koessler und der Komponist Max Reger (1873 – 1914) waren über ihre Mütter miteinander verwandt: beide waren Urenkel von Franz Peter Reichenberger aus Grötschenreuth. Sie waren freundschaftlich verbunden, gingen jedoch musikalisch sehr unterschiedliche Wege. Koessler unterstützte seinen Großcousin Max Reger in dessen schwierigster Lebensphase im Jahr 1899. Reger widmete Koessler seine Fünf Duette Op. 14 für Sopran, Alt und Klavier (1893/94).

Wohl wegen magyarischer Anfeindungen ließ Koessler sich 1908 nach 26 Jahren pensionieren, er erhielt eine großzügige Pension und wurde in den persönlichen Adelsstand erhoben. Die Folgejahre durchlebte er an wechselnden Orten in Deutschland, u.a. von 1918 bis 1920 in Ansbach u.a. bei der Familie Dürr im „Gasthaus zum Golden Lamm“. Mit Ende der Donaumonarchie verlor Hans von Koessler sein Vermögen in Budapest, 1919 auch seine Pension. So rief ihn der Direktor der Musikakademie, der Violinist Jenö Hubay (1858-1937), auf dringendes Anraten seiner zu wichtigen Positionen gekommenen Schüler Dohnányi und Kálmán Ende 1920 noch einmal auf seine Professur in Budapest zurück. 1925 kehrte er nach Ansbach zurück, wo er friedvolle Tage bei der Familie Dürr (s.o.) verbrachte. Von seinen Altersbegleitern in Ansbach wurde er als äußerst liebenswürdiger wie bescheidener würdevoller rüstiger alter Herr geschildert. Eine fortgeschrittene Arterienverkalkung führte zur Amputation des rechten Unterbeines, an deren Folgen er wenig später verstarb.

Heute lassen Aufnahmen von Koesslers Werken im Internet, bei verschiedenen Labels erschienene CDs und auch Rundfunkaufnahmen seinen ureigenen spätromantischen Stil und großes kompositorisches Können erleben. Mit Johannes Brahms war er künstlerisch verbunden, was sich besonders in Werken von 1897 und 1901 widerspiegelt. Etliche seiner Werke sind heute bei diversen Verlagen im Druck greifbar.

1958 benannte die Stadt Ansbach eine Straße im „Musikerviertel“ nach ihm. 2013 wurde eine Gedenkstele auf dem Koesslerplatz gegenüber dem „Gasthaus zum Golden Lamm“ errichtet.

Text: Rainer Goede, KMD

Werke (Auswahl):

drei Sinfonien in F-Dur und h-Moll

Sylvesterglocken (ein weltliches Requiem), 1897, Adolph Fürstner, IMSLP

Symphonische Variationen cis-Moll für großes Orchester «Den Manen Johannes Brahms’», 1898, IMSLP, Musikproduktion Hoeflich, Universal Edition

Klavierquintett, 1900, IMSLP

Ungarische Tanzweisen für Violine und Klavier, 1902, IMSLP

Der 46. Psalm (sechzehnstimmig), 1902, Süddt. Musikverlag Strassburg, IMSLP

Der 51. Psalm, 1902, Bote & Bock, IMSLP

Der Münzenfranz (Oper), 1902, Bote & Bock

Streichsextett, 1902, IMSLP, Kammermusikverlag

Streichquartett Nr. 2 a-Moll, 1902, IMSLP, Kammermusikverlag

Streichquintett, 1913, IMSLP, Kammermusikverlag

Passacaglia-Konzert für Violine und Orchester, 1914, IMSLP

Altdeutsche Minnelieder für vierstimmigen Männerchor, 1914, IMSLP

Kinderlieder von Friedrich Güll für Singstimme und Klavier, 1920, IMSLP

Der 60. Psalm, für Chor (SSATBB) a cappella. Sonat-Verlag,

Messe f-Moll für Frauenchor (SSA) und Orgel, Carus 27.067

Ave Maria für Chor (SATB) und Streichquartett (Orgel), Sonat-Verlag

Neun Lieder für gemischten Chor, Helbling

Lieder für Singstimme, Oboe, Horn und Streichquartett

 

Literatur

Autobiographie c 1920 (Kopie), Stadtarchiv Ansbach

Uwe Harten: Koessler, Hans von. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5

Gunda Schricker: Hans von Koessler: ein Komponist wiederentdeckt. Ansbach 2012, OCLC 826596776

Hans von Koessler auf dem Totenbett

Hans von Koessler auf dem Totenbett